The Dorf ist seit Ende der Nullerjahre etabliert als eine der besten experimentellen Großformationen des Landes – lose beheimatet im Ruhrpott mit fester Anlegestelle in Dortmund. Vielleicht schon geografisch naheliegend, dass die Big Band ihren Schritt in die Aufmerksamkeit der Indie-Musikszene im letzten Jahr mit einer Performance mit der Essener Gruppe International Music beim Berliner Festival Pop-Kultur ging.
„BAOBAB & ECHOES“ bei Amazon.de kaufenDamals verwandelte sie deren Kneipen-Avantgarde-Postpunk in explosive Atonalität. Die Interpretation eines Stücks des Minimalismus-Altmeisters Phill Niblock, die dieses Doppelalbum eröffnet, ist dagegen fast eher business as usual. Niblock, Jahrgang 1933, hatte früh ein klangliches Erweckungserlebnis, als er beim Motorrradfahren in den Bergen des US-Bundesstaates Carolina hinter einem langsamen LKW festhing und sich die Geräusche beider Motoren zu einem Sound vereinigten, der zugleich stark texturiert und gleichförmig war – Trance durch das Gleichgewicht von Stasis und Bewegung.
Keine Chance auf Eintrag in die meistgespielten Hits des Jahres
Drones mit Mikrotonalitäten und mutwilligen Obertönen prägen seine Werke bis heute, auch das Stück „Baobab“. Eigentlich auf 23 Minuten angesetzt – The Dorf legt es in 46 Minuten unter die Lupe. Es schwingt und drängt und rauscht, es surrt wie ein Bienenschwarm, wenn die 35 Musiker*innen bei diesem Release die Klangflächen erkunden. Faszinierend, aber hey, machen wir uns nichts vor: keine Chance auf Eintrag in die meistgespielten Hits des Jahres. „Play at a not-too-soft volume and stick with it“, empfehlen die Liner Notes, na, wenn ihr’s sagt.
Die drei Stücke des zweiten Teils, Eigenkompositionen von The Dorf, sind da anziehender: Angenehm überschießende Experimente, in denen die Elemente offensiver durcheinanderwirbeln, unterhaltsamer, aber weniger sakral – ein Balanceakt, Stasis und Bewegung, eben auch über das Gesamtwerk.
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July 05, 2020 at 08:00AM
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